Antreiben
Regeln
Positionieren

Artikel aus driven Das Magazin von maxon motor 1//2016

Die grosse Frage:

DC- oder BLDC-Motoren?

Bürstenbehaftete und bürstenlose DC-Motoren haben beide ihre Vor- und Nachteile. Doch welcher Typ eignet sich besser für die jeweilige Anwendung? Wir geben Tipps. 

Wer in der Antriebstechnik auf kompakte Gleichstrommotoren setzt, muss zuerst eine Wahl treffen: zwischen bürstenbehafteten (DC) und bürstenlosen (BLDC) Motoren. Letztere werden bei maxon auch EC-Motoren genannt (elektronisch kommutiert). Der nachfolgende Text soll ein Leitfaden sein, um den richtigen Motorentyp für eine bestimmte Anwendung auszuwählen.

Lebensdauer

Das Kommutierungssystem mit Bürsten limitiert die Lebensdauer des DC-Motors. Normalerweise erreicht man damit einige Tausend Stunden, im besten Fall vielleicht 10’000 Stunden. Die Lebensdauer kann aber auch schon nach weniger als 100 Stunden vorbei sein. Eine genaue Voraussage ist kaum möglich, da es keine verlässlichen Berechnungen gibt. Vieles hängt von der Belastung ab: Hoher Strom, hohe Drehzahl, Umkehrbetrieb und hohe Vibrationen verringern die Lebensdauer. Oft braucht es deshalb einen Vergleich mit einer ähnlichen Anwendung.

Bei bürstenlosen DC-Motoren begrenzen die Kugellager die Lebensdauer des Motors, was ziemlich präzise abgeschätzt werden kann. Typischerweise sind die Lager für mehrere 10‘000 Stunden ausgelegt.

Nach wie vor gilt aber: Für viele Anwendungen reicht eine Betriebsdauer von einigen 1000 Stunden locker aus.

Wo liegen die Unterschiede bezüglich Drehzahl und Drehmoment?

Als Ausgangspunkt betrachten wir einen bürstenbehafteten DC-Motor gegebener Baugrösse. Damit kann man Drehzahlen bis maximal 20’000 UpM erreichen. In den meisten Fällen liegt die Grenzdrehzahl aber unter 10’000 UpM. Bei höheren Drehzahlen nimmt die Lebensdauer des Motors aufgrund steigender elektrischer und mechanischer Abnützung massiv ab.

Ein von der Baugrösse und magnetischem Aufbau vergleichbarer bürstenloser DC-Motor kann bei viel höheren Drehzahlen betrieben werden, in Einzelfällen über 100’000 UpM. Solche Antriebe sind somit perfekt geeignet in Anwendungen, die viel Speed verlangen: Etwa für Industrie-Schneider, -Fräser und gewisse Lüfter.

Interessant ist, dass bürstenlose Motoren oft mehrpolig ausgeführt werden. Dies vergrössert das Drehmoment, allerdings auf Kosten der Drehzahl. Denn viele Anwendungen benötigen die extrem hohen Drehzahlen nicht; aber etwas mehr Drehmoment ist sehr willkommen. Und dennoch: Einer der Hauptvorteile der bürstenlosen Motoren sind die höheren Drehzahlen.

 

Beachten Sie: Diese Ausführungen sind nur Trends. Welche Drehzahlen und Drehmomente möglich sind, muss spezifisch beim jeweiligen Motortyp abgeklärt werden.

Spezielle Umgebungsbedingungen

Das Bürstensystem von Gleichstrommotoren kann bei speziellen Anwendungen zu Komplikationen führen:

·         Bürstenfeuer verursacht elektromagnetische Störungen, die eventuell gedämpft werden müssen. In explosiven Gasen sind die Funken nicht gerade willkommen. Allerdings benötigt auch ein bürstenloser Motor Modifikationen, um explosionsgeschützt zu sein.

·         Graphitbürsten erzeugen Graphitstaub, der Reinräume, Vakuum oder optische Anwendungen verunreinigen kann.

·         Graphitbürsten brauchen eine gewisse Feuchtigkeit und etwas Sauerstoff in der Atmosphäre, um gut zu funktionieren.

·         Edelmetallbürsten müssen geschmiert werden. Daraus ergibt sich, dass beide Bürstensysteme nicht für Hochvakuum-Anwendungen geeignet sind.

 Aus diesen Gründen sind die meisten Motoren für spezielle Umgebungsbedingungen bürstenlos. Dies gilt etwa für Anwendungen im Ultrahoch-Vakuum, in der Tiefenbohrung oder in sterilen Geräten für die Medizintechnik.

Ansteuerung und Betrieb

Wenn es um den Betrieb geht, gibt es keinen Motor, der so einfach zu betreiben ist wie der Gleichstrommotor mit Bürsten. Eine Spannung an den beiden Anschlüssen genügt und der Motor dreht. Dagegen ist beim bürstenlosen Motor eine zusätzliche Kommutierungselektronik nötig. Die Verkabelung ist aufwendiger, da bis zu acht Anschlüsse vorhanden sind.

Die Situation ändert sich allerdings bei geregelten Antrieben: Meist können die Regler für Drehzahl, Position oder Drehmoment mit beiden Motortypen (DC und BLDC) verwendet werden. In diesen Fällen sind die Kosten für die Elektronik und den Feedbacksensor sowie der Verkabelungsaufwand sehr ähnlich.

Zusammenfassung

Bürstenbehaftete oder bürstenlose Motoren? Bei der Entscheidung spielen verschiedene Kriterien eine Rolle: Ob Sie einen bürstenbehafteten oder bürstenlosen DC-Motor verwenden, hängt von verschiedenen Kriterien ab:

 ·         Der geforderten Drehzahl: mit Vorteilen für bürstenlose Motoren bei hohen Drehzahlen.

·         Der Lebensdauer: wiederum mit Vorteilen für bürstenlos, falls benötigt.

·         Umgebungsbedingungen: Anpassungen bei bürstenlosen Motoren sind meist einfacher.

·         Verkabelungs- und Betriebsaufwand. Mit Vorteilen bei einfachen Antrieben auf der bürstenbehafteten Seite.

Ob Sie sich für DC- oder BLDC-Motoren entscheiden, hängt am Ende von technischen Erwägungen ab. Aber auch Umgebungsbedingungen, Lebensdaueraspekte und ökonomische Überlegungen spielen eine Rolle. Berücksichtigen Sie alle Aspekte Ihrer Anwendung und Sie werden die richtige Lösung finden. Und falls Sie doch Hilfe bei der Antriebsauswahl benötigen, helfen Ihnen die maxon Experten gerne weiter.

  • Die von SpaceX entwickelte Dragon-Kapsel, die die ISS mit Material versorgt, nutzt für die Einstellung der Sonnensegel bürstenlose Motoren von maxon.
  • In der weltweit ersten kabellosen Tattoo-Maschine setzt Swisstattoomachine auf den RE 13 Motor von maxon. Der Antrieb besticht durch seine Energieeffizienz und Dynamik.
  • Autor:
    Urs Kafader ist seit 20 Jahren für die technische Ausbildung bei maxon motor verantwortlich. Er führt Schulungen zur Technik und zum Einsatz von maxon Produkten durch – für die Mitarbeitenden am maxon Hauptsitz in Sachseln, für das internationale Verkaufsnetz, aber auch für Kunden. Der promovierte Physiker absolvierte zusätzlich ein MBA in Produktionswissenschaften. Seine berufliche Laufbahn begann er am Institut für Festkörperphysik der ETH Zürich.

Copyright by maxon motors